Sehr oft bekomme ich die Frage, wie ein Tagesablauf als Pressefotograf bei mir aussieht. Woher bekomme ich meine Aufträge? Was fotografiere ich denn alles? Wie ist ein normaler Tagesablauf, etc.
Oder hört man, dass so ein bißchen knipsen ja jeder kann.
Deshalb habe ich mir einen Tag, bzw. 24 Stunden eines fast ganz normalen Arbeitstages rausgesucht, um Euch mal zu beschreiben, wie so ein Tagesverlauf bei mir aussieht.
Wie viele von Euch ja wissen, arbeite ich für die Südwest Presse in Ulm. Sie hat derzeit eine verkaufte Auflage von knapp 300.000 Exemplaren. Die Zeitung gibt es auch als eZeitung zu abonnieren. Seit einiger Zeit ist auch das Nachrichtenportal südwestpresse.de dazu gekommen.
Ich habe noch 3 weitere Kollegen, die ebenfalls fest für die SWP arbeiten. Unser Hauptarbeitsfeld ist die lokale Berichterstattung in Ulm und Umgebung. Diese splittet sich in 5 Redaktionen auf, die Lokalredaktion, Regionalredaktion, die Kultur und die Sportredaktion. Immer mehr rückt natürlich auch die Onlineredaktion in unser Aufgabengebiet. Gelegentlich fotografieren wir auch für Sonderbeilagen, oder auch für Bücher.
Wir arbeiten mit einem digitalen Terminkalender. Hier tragen alle Resorts ihre Termine ein, die wir fotografieren sollen. Meistens stehen alle Termine schon am Vorabend im Terminplan, es sei denn, es verschiebt sich ein Termin. Hinzu kommen dann noch die tagesaktuellen Ereignisse.
Jetzt aber genug Vorgeplänkel. Ich fange bewusst an, über 2 Termine am Abend zu berichten. Der erste Termin war beim Häsabstauba der Narrenzunft Ulm. In unserem Terminplan stand 19 Uhr. Normalerweise sind bei solchen Terminen noch einige Reden und Aufführungen, bevor der eigentliche Höhepunkt, das Häsabstauba losgeht. Der Teil, für den wir Fotos brauchen. Es war also schnell klar, das der Hauptakt erst gegen 20.30 Uhr stattfinden würde. Problem dabei ist nur, wenn der Folgetermin um 20 Uhr beginnt, und man eine gewisse Fahrzeit auch noch einplanen muß. Zum Glück kennt man die Jungs und Mädels von der Narrenzunft schon einige Zeit… Dank der Hilfe der „Narren“ waren schnell die richtigen Leute gefunden. Das ist aber leider nicht immer so einfach, schließlich ist die eigene Veranstaltung ja die wichtigste im Jahr, wie kann da ein Fotograf auch nur ansatzweise wagen, vorab ein Bild zu stellen. Anders bei der Narrenzunft, die einen tollen Zusammenhalt haben und echt immer was auf die Beine stellen.

Narrenzunft Ulm, Häsabstauba
Zum nächsten Termin ging es dann flott nach Neu-Ulm, die Band Rock unlimeted feiert 25jähriges Jubiläum. Die Besetzung der Band hat sich im Laufe der Jahre etwas verändert. Klar war, dass am Anfang die Erstbesetzung zusammen auf der Bühne steht, aber für wie lange? Deshalb pünktlich sein!!!
Ganz großes Kino, der Termin war falsch eingetragen, Einlass 20Uhr, Konzertbeginn 21 Uhr… Narrenzunft Ulm umsonst verrückt gemacht, ein Bild beim eigentlichen Häsabstauba wäre vermutlich schöner gewesen.
Egal, Rock unlimeted spielt sehr geile Musik und begeistert das Publikum gleich von Beginn an! Da eventuell eine Onlinegalerie gemacht werden soll, braucht man schon 8 bis 10 vernünftige Bilder, also muss man schon mal ne halbe Stunde einplanen, was bei der Mucke ja auch echt Spaß macht.

Rock unlimeted
Nach dem Termin heimgefahren und müde ins Bett gefallen!
Um 8 wieder ins Auto gesetzt, um die Bilder vom Vorabend schnell ins Netz zu bringen. Das coole an dem Tag war aber der Sonnenaufgang, also noch kurz am Kloster in Oberelchingen angehalten, um eine Stimmungsaufnahme für die Regionalredaktion zu machen. Solche Bilder sind immer gern gesehen.

Sonnenaufgang, Kloster Oberelchingen
Nun aber weiter in die Redaktion, die Bilder auf den Rechner geladen, kurz eine Auswahl gemacht, minimal bearbeitet und auf den Server geladen. Auf zum nächsten Termin…
„Redakteure öffnen Türen“, unter dem Motto steht eine SWP Aktion, in der Leser für einen guten Zweck einen besonderen Termin wahrnehmen können. In diesem Fall ein Theaterbesuch in Ulm, mit einem Treffen mit dem Generalmusikdirektor Timo Handschuh. Dabei gab es eine Führung hinter die Kulissen, ein Mittagessen mit anschließendem Besuch des Philharmonischen Konzerts. Immer begleitet durch einen Redakteur der SWP. Highlight war natürlich die Führung hinter die Kulissen des Theaters durch Herrn Handschuh.

Theaterführung hinter die Kulissen
Ein sehr interessanter Termin, da Herr Handschuh viel über seine Arbeit erzählt hat. Leider konnte ich auch hier wieder nur 15min bleiben, da der nächste Termin in einer halben Stunde in Weißenhorn stattfinden würde. Immer bedenken, man muß auch zum nächsten Termin fahren! Weißenhorn, 25km weg von Ulm, bei gutem Verkehr in 20min zu erreichen. Kann aber auch locker mal ne halbe Stunde dauern.
10.55 Uhr, kurz einen Parkplatz gesucht um pünktlich zum Neujahrsempfang in Weißenhorn zu sein. Schell ein Gruppenbild mit den wichtigsten kommunalen Politikern gemacht, bevor die Veranstaltung losgeht. Die Eröffnungsrede auch noch kurz fotografiert und die 25km wieder zurück gefahren.

Neujahrsempfang Weizenkorn
In Ulm spielen heute alle Ulmer Vereine ein Fußballhallenturnier, ebenfalls für einen guten Zweck. Also hier auch noch vorbeigefahren, ehe es an das Ulmer Bahngelände geht, auf dem der Ulmer Spatz, ein alter Bahnbus steht und hier sein Dasein fristet. Über den Ulmer Spatz soll es in den kommenden Tagen einen kleinen Bericht geben. Leider ist das Bahngelände doch etwas größer, so dauert es einige Zeit, bis ich den alten Zug finde. „Das Betreten des Bahngeländes ist verboten“. Nicht, dass uns das je gestört hätte, aber in dem Fall wartet um 12 der nächste Termin auf mich.

Fußballfreizeitturnier Ulm

Bahnbus Ulmer Spatz
12 Uhr im Kongresszentrum Ulm: Hochzeitsmesse, die 300-hunderste! Wenn in Ulm Hochzeitsmesse ist, müssen wir darüber berichten, warum weiß ich nicht. Egal ob 3 oder 8, wir berichten immer. Naja, es liegt leider nicht in meinen Händen einmal nicht über eine Hochzeitsmesse zu berichten…

Hochzeitsmesse
Das nächste Thema des Tages sollte die Ulmer Straßenbahn sein. Es wird derzeit wieder darüber nachgedacht das Straßenbahnnetz weiter auszubauen. Hierfür sollte ein großes querformatiges Aufmacherbild gemacht werden. Also auf die Suche nach einer geeigneten Stelle gemacht. Ich wollte die schöne Sonne ausnutzen und ein Gegenlichtbild machen, aber an einer Stelle, an der ich möglichst nah an die Straßenbahn rankomme. Dies geht in Ulm bei niedrigem Sonnenstand nicht an vielen Stellen, da oft Häuser ihr Schatten werfen, oder oder oder… Also zur Donauhalle gefahren, ein paar Testaufnahmen gemacht und auf die Straßenbahn gewartet, … und gewartet….
Was mir ja mal wieder nicht bewußt war, 6ter Januar, Heilige drei Könige…. Feiertag, oh sche… Feiertage und Wochenenden sind für uns normale Arbeitstage, deshalb hatte ich das wohl auch völlig vergessen. Die Bahn fährt nur unregelmäßig. Also kurz auf den nächsten Fahrplan geschaut, Glück gehabt, nur noch 10min warten. Und tatsächlich, die Aufnahme hat genauso geklappt, wie ich sie mir vorgenommen hatte. Geil!

Straßenbahn Ulm
So, nun aber mal wieder in die Redaktion, um die Bilder wieder auf den Server zu stellen, damit die Redakteure ihr Bildmaterial bekommen und ihre Berichte fertig stellen können.
In der Redaktion herrschte hektisches Treiben, weil die Bildzeitung einen Bericht und ein Bild über einen Mord an einer 17jährigen gebracht hatte. Also mussten wir quasi als Ulmer Tageszeitung nachziehen. Ich wurde losgeschickt um ein ähnliches Bild von dem Haus zu machen, in dem der Mord passierte.
Es gehen einem viele Gedanken durch den Kopf: Von muss das wirklich sein, bis hin zu, warum habe ausgerechnet ich heute Dienst, und vieles mehr. Ganz zu schweigen von diesem Gefühl, wenn man in die Wohnsiedlung fährt. Das ganze Thema beschäftigt mich noch heute. Wenn ich das jeden Tag machen müsste, hätte ich vermutlich gestern schon gekündigt. Die SWP versucht solche Themen immer möglichst mit Fingerspitzengefühl zu lösen, trotzdem ändert das nichts daran, dass man die Nacht danach nicht schlafen kann, und Tage danach noch darüber mit seiner Frau spricht, weil man diese Gefühl nicht los wird. Dazu kommt auch noch, es ist leicht einen Fotografen zu beauftragen, ein bestimmtes Foto von einer solchen Situation zu machen, wenn man selber nicht vor Ort ist! Es ist zwar mein Beruf und ich kann da auch nicht nein sagen, wenn ich einen solchen Auftrag bekomme, aber dieses Gefühl wünsche ich niemandem!!! Natürlich liest man an den Tagen darauf auch die Leserbriefe, denen man eigentlich nur beipflichten kann… Zum Glück kommen solche Aufträge nur sehr selten vor.
Aus hier erklärten Gründen, stelle ich kein Bild über dieses Thema ein.
Immer noch mit einem beschissenem Gefühl im Magen ging es gegen 17.30 Uhr nach Söflingen, wieder zu der Narrenzunft Ulm, besser gesagt zu der Zunftgruppe GaugaMa, die alljährlich ihre Neumitglieder in der Blau taufen. Ein Termin der nicht sehr einfach ist, da man außer dem Fackellicht der Zunftgruppe im Dunkeln fotografiert. Wie oben schon erwähnt, bin ich mit ein paar Zunftmitgliedern mittlerweile befreundet, weshalb es ich immer volle Unterstützung bekomme. Nachdem man mir den diesjährigen Ablauf vor Ort erklärt hatte, konnte ich noch zusätzliche Blitze aufstellen, um doch etwas Licht ins Dunkle zu bekommen, weshalb ich doch noch ein super Bild von der Taufaktion hinbekommen habe.

GaugaMa Taufe
Eigentlich hätte ich jetzt schnell wieder in die Redaktion fahren müssen, da geplant war aus dem Häsabstauba und der Taufe (so schließt sich der 24h Kreis) einen aktuellen Bericht am kommenden Tag zu machen, aber aufgrund des Mordes wurde der Bericht geschoben, so dass endlich um 19.30 Uhr Feierabend war.
Ein ganz nicht normaler Arbeitstag ging also zu Ende.
Fazit: Ein guter Freund von mir hat einmal gesagt, es ist leicht von tollen Konzerten, Autos, oder hübschen Frauen an tollen Orten zu machen, aber die Kunst ist es bei der Pressearbeit unter Zeitdruck ein schönes Bild von einer Scheckübergabe, oder vom Kleintierzüchter Verein zu machen. Da hat er sicher nicht ganz unrecht.